Politische Konsultationen bezüglich der rechtlichen Stellung der syrisch-orthodoxen Kirche in Deutschland

Besuch des Diözesanrats Deutschland unter der Leitung von S.E. Mor Dionysios beim Abgeordnetenbüro Finck in Hamburg

Mit der Emigration der Suryoye in den späten 60'er Jahren hauptsächlich in den europäischen Räumen stand die syrisch-orthodoxe Kirche als Institution, ebenso wie die Bevölkerung, vor neuen Herausforderungen in der zunächst fremden Umgebung. Doch im Gegensatz zu der Bevölkerung fand die Kirche eine rasche Unterstützung bei den jeweiligen Schwesterkirchen. Gottesdienste konnten weiterhin in aramäischer Sprache in der neuen "Heimat" zelebriert werden, ebenso wurden Räumlichkeiten für die Sonntagsschulen zur Verfügung gestellt, damit die Gottesdienstsprache der neuen Generationen weiter übertragen werden könnte.

Mit dem stetigen Zuwachs der Diasporagemeinden und aus der Notwendigkeit begründet, wurden zahlreiche Kirchen mit Gemeindzentren neu errichtet, um dem geistigen Bedürfnissen ein wenig Rechnung zu tragen. Dieses Bild der Entwicklung kann man nahezu in jeder syrisch-orthodoxen Diaspora-Diözese ablesen, ebenso auch in der jüngsten Diözese Deutschland.

Zweifelsohne stellt die Erzdiözese Deutschland, das beste Beispiel für solch eine Entwicklung. Die Diözese, die etwa 75 000 Mitglieder umfasst, wird in nahezu 55 eigenständigen Gemeinden organisiert, die in fünf Kirchenkreisen eingegliedert werden. Mit der Errichtung von knapp 30 neuen Kirchenkomplexen bildet sie eine der dynamischsten Diözesen innerhalb der syrisch-orthodoxen Kirche. Dies und besonders der gegenwärtige erosiale Wertewandel der materialistisch geprägten Globalisierung verpflichten die Kirche zu mehr Wachsamkeit und damit verbunden zu einer strukturierten Organisation, um den Herausforderungen und Hürden der Zeit stand zu halten.

Betrachtet man die rechtliche Stellung der Kirche in den letzten 35 Jahren in der europäischen Diaspora, so ist diese nach wie vor - im Gegensatz zu den Landeskirchen - gesetzlich nicht anerkannt und fungiert in den jeweiligen Ländern weiterhin als ein eingetragener Verein. Eine Ausnahme hierzu bildet die Republik Österreich, die die syrisch-orthodoxe Kirche bereits in den späten 80'er Jahren mit der armenisch-apostolischen Kirche als eine orientalisch-orthodoxe Kirche mit einem Beschluss des Nationalrats gesetzlich anerkennt.

Doch eine anerkannte rechtliche Stellung in der Bundesrepublik blieb, trotz einiger Versuche den Status einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts" zu erlangen, aus. Dem Erzbischof Mor Dionysios sowie dem Diözesanrat ist die Erlangung einer anerkannten rechtlichen Stellung der Kirche in Form einer Körperschaft ein vorrangiges Anliegen, dem jederzeit bis zum Schluss nachgegangen wird.

Aufgrund dessen stattete S.E. Mor Dionysios Isa Gürbüz in Begleitung des Diözesanrats am Samstag, den 19.03.2005 bei Herrn Henning Finck, MdHB, einen Besuch in der Hansestadt Hamburg ab, um diesem vorangigen Projekt näher nachzukommen. Ziel des Treffens war die Gewinnung einer politischen Lobby sowie eine gemeinsame Vorgehensweise um den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erlangen.

Mit einer großen Freude empfing der Diplomat Finck S.E. und die mit ihm eingereiste Delegation in seinem Abgeordnetenbüro. Finck, dem seit der Einweihung der St. Dimet Kirche in Hamburg im Jahre 2003 offiziell die Ehrenmitgliedschaft der syrisch-orthodoxen Kirche verliehen wurde, brachte seine Verbundenheit mit den syrischen Christen zum Ausdruck und sagte ambitiös seine Unterstützung zu.

In einer lockeren Atmosphäre berichtete S.E. kurz über die Diözese und derer Entwicklung in den letzten Jahren und konstatierte den Grund seines Besuchs, bezüglich der rechtlichen Stellung der Kirche. Im großen Kreis diskutierend, wurde zum Ausdruck gebracht, dass es bereits in den 90'ern in Nordrhein-Westfalen ein Antrag mit der Begründung der unerfüllten Kriterien abgelehnt wurde. Doch die Diözese hat sich seit dem sowohl qualitativ als auch quantitativ energisch entwickelt.

Bei den Konsultationsgesprächen wurden die Voraussetzungen für den angestrebten Status sowie deren Vor- und Nachteile tiefgreifend erörtert.

In der Bundesrepublik ist die Religionsfreiheit in der Verfassung verankert, wobei das Verhältnis zwischen dem Staat und Kirche im wesentlichen im Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geregelt wird, so Finck konstatierend. Aufgrund des bedeutsamen sozialen Engagements der religiösen Gemeinschaften für das öffentliche Leben gewährt ihnen der Staat den Status einer Körperschaft. Doch für diesen Status sind einige Kriterien zu erfüllen, u.a. eine Verfassung, die mit den freiheitlich-demokratischen Prinzipien in Einklang steht, eine strukturierte Organisation sowie eine ausreichende Menge an Mitgliedern in dem jeweiligen Bundesland. Als Richtwert nimmt man ein Verhältnis von einer Promille der Bevölkerung des jeweiligen Bundeslands an.

Als Vorteile ergeben sich hieraus zahlreiche Privilegien sowie Rechte und Pflichten. Die Syrisch-orthodoxe Kirche könne aus der rechtlich anerkannten Stellung auf vielfältigster Weise profitieren. Mit dem Status einer Körperschaft, steht ihr der Aufbau von sozialen- sowie schulischen Einrichtungen zu, die vom Staat subventioniert werden. Besonders relevant ist die Errichtung von Sprachschulen, um die aramäische Sprache den kommenden Generationen weiterzuvermitteln. Ein weiterer Vorteil ist eine Organisationsstruktur sowie ein strukturiertes Finanzierungssystem.

Zur effizienten Vorgehensweise schlug Finck vor, mit Hilfe eines politisch agierenden Bekanntenkreis in drei Bundesländern, Hamburg, Hessen und Baden Württemberg, in denen die Chancen für die angestrebte rechtliche Anerkennung überwiegen, gleichzeitig einen Antrag zu stellen. Indessen bemüht sich der Diözesanrat um statistische Angaben über die Diözese zu erstellen.

Im weiteren Verlauf des Meetings wurde über die gegenwärtige Situation der syrischen Christen in der Türkei, besonders im Hinblick auf eine EU-Mitgliedschaft, berichtet, zumal zwei Reisen in den Turabdin sowie zu politischen Gremien auf der Tagesordnung stehen.

Zum Abschluss der ersten Konsultationen richtete S.E. im Namen der Diözese ein Dank für das Engagement und die kontinuierliche Verbundenheit mit der Kirche.

Evgin Can, Hamburg