Erfahrung im Libanon: Terrorbekämpfung heißt Armutsbekämpfung
Pater Maroun Abouzeid: Entscheidend ist Dialog mit dem Islam
BEIRUT, 11. Juli 2005 (ZENIT.org).- "Wirkungsvoll bekämpft man den Terrorismus nur, wenn man seine Ursachen bekämpft ", erklärt Maroun Abouzeid, maronitischer Priester und Pfarrer der Kirche Notre-Dame in Maamarieh bei Saida (Sidon) im Südlibanon. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur "Fides" sagt er, dass dazu vor allem der Dialog mit dem Islam und die Verbesserung der Lebendbedingungen in der Region des Südens notwendig seien.
"Europa und die USA müssen einsehen, dass der Dialog mit der islamischen Welt der einzig sichere Weg ist, um diese Situation zu lösen. Der Westen und die islamische Welt müssen sich verbünden, um mit vereinten Kräften die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Probleme des Südens anzugehen, denn sie sind die Ursache für die Verbreitung des Terrorismus."
Auf die Frage, wie ein Jugendlicher zum Selbstmordattentäter werden könne, sagt der Priester, er sei davon überzeugt, dass dies nur durch Gehirnwäsche möglich sei. Und zwar seien dabei Menschen am Werk, die die Religion für ihre Zwecke missbrauchten. So gelange ein Jugendlicher schließlich zur Gewissheit, dass die Ermordung von vermeintlichen "Ungläubigen" "eine Vorschrift des Koran" sei und dass er "seinen Lohn dafür im Paradies erhalten" werde.
"Mitverantwortlich sind sehr häufig äußerst schwierige soziale und wirtschaftliche Lebensbedingungen. Tatsächlich bekommen die Familien von Selbstmordattentätern von den Terroristen eine Rente auf Lebenszeit", erläutert der Priester. Terroristen suchten potentielle Opfer praktisch ausschließlich unter Menschen in Schwierigkeiten, "um sie zu lebendigen Bomben zu machen. Deshalb muss man sich wirklich bemühen, die Lebensbedingungen im Mittleren Osten zu verbessern."
Pater Maroun ist optimistisch: "Der Dialog ist möglich, und der Libanon ist ein gutes Beispiel dafür." Bei verschiedenen Entwicklungshilfsprojekten arbeiteten die Christen im Libanon mit Andersgläubigen zusammen. Da habe man bereits große Erfolge erzielt, und zwar nicht nur materiell gesehen, "sondern auch hinsichtlich der Stärkung der freundschaftlichen Beziehungen unter allen Libanesen. Die meisten Menschen, die ich antreffe, wollen einfach nur ein friedliches Leben führen und denken nicht im Traum daran, ihr Leben für das Martyrium hinzugeben. Deshalb habe ich Vertrauen, denn wir Christen können im Mittleren Osten ja auch als Brücke zwischen dem Orient und dem Westen dienen, damit dieser so dringend nötige Dialog in Gang kommt, der allein den echten Frieden bringen kann."